… jetzt sind wir seid fast 4 Wochen in Yangshuo und haben immer noch nichts über das Klettern hier geschrieben - obwohl das hier den grössten Teil unserer Zeit ausmacht. ;-)
Das holen wir jetzt nach - die angekündigten Poser-Fotos müssen aber leider weiterhin auf sich warten lassen, da das Wetter beständig Fotoshooting-inkompatibel war ...
Seitdem in den 90er Jahren in Yangshuo die ersten Routen am „Moon Hill“ gebohrt wurden, gibt es mittlerweile über 40 Sektoren mit insgesamt über 500 Kletterrouten. Das Erschließen neuer Sektoren und das Bohren von Routen geht hier so rasant von statten, das beinahe jedes Jahr ein neues Klettertopo erscheint und die Aktuellen mit jeder Menge Gekritzel zu neuen Routen in den Kletterläden und Bars ausliegen.
Die Sektoren liegen allesamt um die Stadt verteilt. Entweder man düst mit dem Rad zwischen 15 und 45 Minuten (wobei letzteres eher die Regel ist ;) ) zum jeweiligen Sektor oder mietet sich mit mehreren einen kleinen Bus.
Es gibt eigentlich fast jede Art von Kletterei - dominierend ist aber nicht primär athletisches Geballer, sondern eher filigrane Balancearbeit an vertikalen oder leicht überhängenden Wänden. Was allerdings nicht heißen soll, dass es hier an pumpigen Routen mit guten Henkeln und Taschen bis hin zu fast unhaltbaren Slopern mangelt. Yangshuo ist für Beginner, wie auch für echte Hardmover (mit Routen von 3 bis 9a+) ein Kletterparadies. Selbst bei leichtem Regen stehen fast noch die Hälfte und bei starkem ein Viertel der Sektoren zur Verfügung. Die bekanntesten und beliebtesten Sektoren sind wahrscheinlich „White Mountain“, „Moon Hill“, „The Egg“, „Swiss Cheese“ und „Lei Pi Shan“.
Sektor "Swiss Cheese"
Klettern an "Jeremy´s Jiji"
Mit chinesischen und japanischen Kletterern
am "Swiss Cheese"
Die grosse Anzahl von schweren Routen zieht starke Jungs und Mädels aus aller Welt an und es ist erschreckend, wie viele Leute man hier trifft, die solide im achten Franzosengrad unterwegs sind (NEID) oder von irgendwem gesponsert werden.
Leider muss man aber auch sagen, dass manche Routen in bestimmten Sektoren mittlerweile etwas (oder auch etwas stark) poliert sind und so an Attraktivität ein wenig verloren haben. Aber es gibt ja zum Glück noch genügend andere.
Besonderen Eindruck hat bei uns die grosse Klettercommunity hinterlassen. Die meisten verbringen mehrere Woche bis Monate (manche vergessen auch ganz wieder nach Hause zu fahren ;)) hier, wohnen in günstigen Unterkünften oder mieten sich für weniger als 100 Dollar pro Monat in eine WG ein. Man trifft sich abends zum Essen in einer der tollen Küchen oder zu später Stunde im „Rusty Bolt“, um bei einem Bierchen mit anderen Kletterern über die Schlüsselstellen diverser Routen zu diskutieren.
So lernt man sehr schnell viele Leute kennen und es ist immer wieder interessant zu hören, wer denn wo her kommt und auf welchem Weg in Yangshuo gelandet ist.
Es erweckt zudem den Eindruck, als ob man hier überwiegend Kletterer trifft, die noch den - nennen wir es mal - „Kletterspirit“ haben. Sympathische, entspannte Leute, die auf einer Wellenlinie liegen und es genießen in der Natur zu sein und dort ihrer Leidenschaft (dem Klettern) nachzugehen.
Restdays are the best days - wie es ja immer so schön heißt ...
Leider haben die Restdays in Yangshuo nicht viel Spektakuläres zu bieten. Es gibt keinen Strand, keine Palmen und in unserem Falle nicht mal unbedingt gutes Wetter. Dafür gibt es allerdings eine ganze Reihe an Cafés, Obstständen und Touristenattraktionen, wie z.B. den Butterfly Cave oder den Ancient Totem Path. Nachdem wir in allen Cafés die Speisekarten in und auswendig kannten, entschieden wir uns für die volle chinesische Touridröhnung und radelten zur „Water Cave“. Diese Höhle hat nicht nur tausend Jahre alte Stalaktiten, unzählige Gänge und bunte Neonlampen zu bieten, sondern auch ein - wohl bemerkt kaltes - Schlamm-Badebecken und eine Heiße Quelle. Eine sehr wahrscheinlich künstliche zwar, denn überall anders war das Wasser eise kalt, aber das sollte uns in diesem Moment mal kurz egal sein. Einfach so lange im warmen Becken dösen, bis man wieder Hunger auf das tolle Essen in Yangshuo hat und sich wieder in einem der Cafés niederlässt … so lässt sich der Ruhetag aushalten!
Ruhetag im Schlamm
Etwas nervenaufreibender war dann allerdings unser Job als „Kletterguides“. In zwei vollen und zwei halben Tagen insgesamt 150 pubertären Kids reicher Eltern einer internationalen Schule aus Hong Kong klettern beizubringen, war für uns schon eine Herausforderung der besonderen Art. Aufgeteilt in 6 Gruppen werden die Kinder von „unserer“ Agentur mit Biking, Hiking, Caving, Kajaking, Cooking und Climbing bespaßt.
So packten wir jeden Morgen für 25 Kinder Helme, Chalksbags, Klettergurte und – Schuhe sowie Seile, Karabiner und Exen für vier Toperopes ein und düsten zum Felsen. Unser Plan während unserer 2 bis 3 stündigen „Mittagspause“ selber zu klettern wurde leider vom aktuellen Yangshuo-typischen Regen zunichte gemacht. Anstatt wie geplant, mit den Kindern zu einem Kletter-Spot zu fahren, an dem wir sowieso noch ein Projekt offen haben, mussten wir an einen regensicheren Platz ausweichen, der uns leider - abgesehen von 4 regengeschützten leichteren Routen - absolut nichts zu bieten hatte.
Eine große Show war allerdings jedes Mal das Eintreffen der Schülergruppe, da der Weg zum Kletterfelsen über einen äußerst schmalen und unebenen Weg führte. Durch den starken Regen gab es zahlreiche, teils Knöcheltiefe, Pfützen und Schlammlöcher und der ganze Weg war zudem extrem rutschig. Dem zufolge kündigte sich die Schulklasse schon früh durch lautes Gekreische und allerlei anderer Geräusche an und das Erscheinungsbild der Schüler zeugte von einer Schlammschlacht erster Güte. Apropos - seit wann tragen Kinder, wenn sie raus gehen eigentlich riesige Packungen Feuchttücher spazieren, um sich mitten in der Natur die Schuhe sauber zu machen? … Na ja, egal! ;-)
Ans Ende jeder Route hängten wir ein großes Plastik-Hühnchen, das ein quiekendes Geräusch machte, wenn man draufdrückt und so war der Slogan „come on! … squeeze the chicken!“ nicht nur unser Lieblingsspruch, sondern sorgte auch dafür, dass selbst die anfänglich zurückhaltenste Gruppe schnell „Gipfelfieber“ entwickelte und sich gegenseitig zu Höchstleistungen anfeuerte.
Um es kurz zu machen: Die Kids hatten Spaß und wir eine lustige Zeit mit netten Leuten, jeder Menge Unsinn labern und vor allem einer Bezahlung, die ausreichte, um unsere Unterkunft für den gesamten Monat zu bezahlen.
Pünktlich zum Jobende verspricht uns die Wettervorhersage ein sonniges Wochenende ohne Regen, so dass wir uns noch mal auf zwei schöne Klettertage freuen können, bevor wir am Montag nach Getu aufbrechen.
... bis bald und nicht vergessen: … "squeeze the chicken!" ;-)